Jutta Sundermann ist selbstständige Dozentin aus Wiesbaden und Mitglied des Penaten Beirats. Sie bildet Kinderkrankenschwestern und Hebammen aus, die Säuglingspflegekurse leiten. Im Interview erklärt sie, warum Eltern selbst Empfehlungen von Profis hinterfragen sollten.
Frau Sundermann, viele junge Eltern informieren sich heute eingehend zum Thema Babypflege. Dennoch fühlen sie sich oft unsicher – weshalb?
Meiner Erfahrung nach sind viele Eltern mit den verschiedenen Meinungen überfordert. Zum Beispiel sagt ihnen eine Dozentin im Säuglingspflegekurs, dass sie die Haut am Po nicht eincremen müssen. Und eine andere Pflegefachkraft rät den Eltern später, dass sie auf jeden Fall eine Wundschutzcreme nehmen würde. Was sollen sie dann machen? Es gibt leider keine einheitliche Pflegerichtlinie.
Wie kommt es zu diesen unterschiedlichen Empfehlungen?
Es gibt Mythen und Moden in der Babypflege. Zum Beispiel haben wir in den 70er-Jahren sehr intensiv gepflegt. Die Kinder wurden täglich gebadet und dick eingecremt – das war mit Sicherheit nicht richtig. In den 90er-Jahen wurde dann propagiert, dass die Haut gar keine Pflege braucht. Davon sind wir auch wieder abgekommen. Aktuell ist „Natur pur“ im Trend.
Welche natürlichen Produkte werden empfohlen?
Häufig bekommen Eltern den Tipp, wunde Stellen der Babyhaut mit Muttermilch zu betupfen. Ich kenne keine wissenschaftliche Untersuchung, die belegt, dass dies wirkt. Viele raten auch, für die Körperpflege pures Olivenöl zu nehmen.
Was spricht dagegen?
Es ist zwar nachgewiesen, dass rein pflanzliche Öle gut für die Haut sind. Dennoch sollten Eltern vorsichtig sein. Speiseöle beispielsweise sind Nahrungsmittel und unterliegen deshalb nicht der Kosmetikverordnung. Das heißt: Sie werden nicht auf ihre Hautverträglichkeit geprüft. Gerade kalt gepresste Speiseöle, aber auch natürliche Pflanzenöle können jedoch häufig mit Schadstoffen und Rückständen aus Pflanzenschutzmitteln belastet sein. Zudem enthalten viele auf pflanzlicher Basis hergestellte Öle Reizstoffe, die leicht Allergien auslösen können. Ich empfehle daher Produkte, die nachweislich auf ihre Hautverträglichkeit getestet sind.
Gibt es andere weit verbreitete Pflegemythen, die widerlegt sind?
Einige Profi-Tipps sind haarsträubend. Beispielsweise der, die Haut nach dem Baden mit dem Föhn zu trocknen. Nicht nur, dass der Föhn Bakterien über den Körper ausbreitet – es kommt auch immer wieder zu Verbrennungen. Andere Empfehlungen sind weniger folgenschwer, aber ebenfalls abwegig: etwa die, dass Wasser zum Waschen ausreicht. Den Po des Babys bekommen Eltern nur mit Fett lösenden Mitteln sauber – weil im Stuhl eben auch Fette enthalten sind. Ohne milde Tenside geht es nicht.
Umstritten sind auch Duftstoffe in Babyprodukten. Wie stehen Sie dazu?
Duftstoffe können bei Kindern mit empfindlicher Haut im Einzelfall Hautirritationen hervorrufen. Wichtig ist deshalb, dass Babypflegeprodukte medizinisch und wissenschaftlich getestet sind. Außerdem besteht seit Frühjahr 2005 aufgrund einer EU-Verordnung eine noch strengere Deklarationspflicht für Duftstoffe in kosmetischen Mitteln. Um Eltern bezüglich der Hautverträglichkeit eine größtmögliche Sicherheit geben zu können, verzichten die meisten Hersteller von Babypflegeprodukten inzwischen ganz auf den Einsatz von Duftstoffen, die von der Europäischen Kommission als möglicherweise allergieauslösend deklariert wurden.
Wie können sich Eltern überhaupt verlässlich informieren?
Viele tun schon das Richtige. Ich höre häufiger von den Teilnehmern meiner Kurse, dass Eltern nach Nachweisen fragen: Wie wirkt die Pflege überhaupt? Für dermatologisch getestete Produkte gibt es diese Nachweise. Sollte dennoch bei einem Baby eine Hautunverträglichkeit auftreten, rate ich Eltern, einen Kinderarzt aufzusuchen, der dann die notwendigen Schritte einleitet.
Fünf Tipps für gesund gepflegte Babyhaut – vom Kopf bis zum Popo
1 Rund um den Mund des Babys kann der Speichel die Haut reizen. Dem können Sie am besten mit einer schützenden Creme vorbeugen. Wenn die Haut bereits gerötet ist, hilft eine Pflege mit entzündungshemmendem Panthenol.
2 Bevor es rausgeht an die frische Luft, das Gesicht mit einem Tupfer Babycreme gegen Kälte und Sonnenlicht wappnen. Im Sommer an einen extra UV-Schutz denken.
3 Körperlotion tut der Babyhaut nach dem Baden gut. Einen Klecks in den Händen anwärmen und dann das Kind damit einreiben.
4 Unter dem Windelhöschen ist die Kinderhaut sehr anfällig für Irritationen. Eine dünne Schicht aus Wundschutzcreme, etwa auf Basis von Wollfett, bewahrt den Babypo vor Reizungen. Wenn die Haut doch einmal gerötet ist: häufiger wickeln, eine entzündungshemmende Creme verwenden und den Säugling öfter mal nackt strampeln lassen – an der Luft erholt sich die Haut rascher.
5 Jedes Baby ist anders. Darum gibt es für die Pflege keine goldene Regel. Mit der Zeit bekommen Sie ein Gefühl dafür, was Ihr Kind benötigt. Wenn seine Haut zum Beispiel schnell austrocknet, schuppt und rot wird, ist sie sehr empfindlich – und braucht intensiveren Schutz, als er bei anderen Babys nötig ist.
FÜNF TIPPS VON JUTTA SUNDERMANN WIE SIE BABYS HAUT SCHONEND WASCHEN
1 Das Gesicht möglichst nur mit klarem Wasser reinigen. So kommt nichts in die Augen, was das Kind zum Weinen bringt.
2 Für die Haare ein mildes Shampoo verwenden. Achten Sie darauf, dass es ausdrücklich für Babys empfohlen wird.
3 Den Windelbereich mit einem Tuch und ein wenig Babyöl reinigen. Wenn nötig, ist auch ein feuchter Waschlappen mit einer schonenden Babyseife geeignet. Ideal für unterwegs sind spezielle Reinigungstücher für Säuglinge.
4 Ein fünfminütiges Bad zweimal wöchentlich ist in der Regel gut verträglich für Ihr Baby. 37 Grad Wassertemperatur sind optimal. Verwenden Sie einen milden Badezusatz und dosieren sie ihn sparsam – zwei Spritzer genügen. Vermeiden Sie Schaum, da Ihr Kind die Seifenbläschen einatmen könnte.
5 Nach dem Baden das Baby mit einem weichen Frotteetuch vorsichtig trocken tupfen. Besonders wichtig ist dies in den Speckfalten am Hals, an den Armbeugen und in den Kniekehlen.
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