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  Die Geburt – natürlich oder Kaiserschnitt? – Teil 3 von 3

Das Ziel eines Geburtsvorbereitungskurses  sollte es sein, einer Frau zu helfen, daß sie sich selbst und ihren Körper besser verstehen lernt. Keine der Techniken ist zum Beispiel dazu da, eine Frau von der Geburt abzulenken. Es ist kein Training, das darauf abzielt, ihren Geist mit irgendwelchen Tätigkeiten zu beschäftigen, nur um die Aufmerksamkeit von den Empfindungen abzulenken, die sie im Muttermund wahrnimmt. Jede Technik, die sie lernt, ist grundsätzlich anwendbar und dient dazu, ihr zu helfen, eine bessere Beziehung zu ihrem Körper zu bekommen.


 


Man hat das Schlagwort „natürliche Geburt“ mit allen möglichen Trainingsmethoden in Verbindung gebracht – von den fundiertesten bis zu solchen, die nur in sehr beschränkten Maße imstande sind, das Durchhaltevermögen zu heben, jedoch auf spektakuläre Art von sich reden machten. Es ist letztendlich nur verwirrend, wenn alle diese unterschiedlichen Arten der Vorbereitung mit dem Etikett „natürliche Geburt“ versehen werden, und es ist wirklich viel besser, einfach von Geburtsvorbereitung zu reden.


Als ich zu unterrichten begann, war ich mehr an leicht erkennbaren und meßbaren Ergebnissen interessiert, die bei der Geburtsarbeit beobachtet und in einem Geburtsbericht aufgezeichnet werden konnten. Für mich bedeuteten damals ein Dammriß oder eine langwierige Geburt, daß ich in diesem Fall versagt hatte, und während ich erfreut war zu hören, wie Frauen glücklich von ihren Entbindungen erzählten, ging es mir doch mehr darum, die Berichte zu analysieren, die sie mir gaben, um auf die ausgewählten Kriterien zu kommen, welche die geburtshelferische Medizin für die Bewertung des Erfolgs oder Mißerfolgs der jeweils angewendeten Entbindungsmethode stillschweigend als relevant betrachtete.


 


Diese Kriterien beziehen sich jedoch lediglich auf die am Geburtsvorgang beteiligte körperliche Maschine. Auch wenn sie uns eine gewisse Vorstellung davon geben können, wie die Geburt verlief, beinhalten sie doch viel seltener als wir glauben, irgendeinen Hinweis auf die emotionale Erfahrung, die die Frau dabei gemacht hat. Das gilt vor allem für die gesamte Zeitspanne der Wehen und die jeweilige Dauer der Eröffnungsphase und der Austreibungsphase; eine lange Geburtsarbeit kann angenehm und eine kurze manchmal auch unangenehm sein.


 


Abgesehen von der Voraussetzung, daß Mutter und Kind lebend und ohne Schaden zu nehmen aus der Geburt hervorgehen – was wir ganz gewiß nicht unterbewerten – ist das Wichtigste bei einer Entbindung die Wirkung, die sie auf das Bewußtsein der Frau hat: wie sie mit ihr fertig wird und in welcher Weise sich die Erfahrung emotional auswirkt. Das ist ebenso ein Gegenstand eingehender wissenschaftlicher Forschung wie all die physiologischen Kriterien, die üblicherweise ausgeführt werden. Die Meinung, die eine Frau von ihrer Entbindung hat – mag sie in Übereinstimmung mit der Realität sein oder nicht – ist ebenso bedeutsam, auch wenn sie mit anderen Methoden analysiert werden muß. Wir haben es hier mit zwei Ebenen der Realität zu tun – den physischen (körperlichen)Fakten und den psychologischen Fakten. Bei jeder Geburt sind beide miteinbezogen und agieren und reagieren aufeinander.


 


Meine Freundin, Hebamme an einem größerem Krankenhaus, wies mich einmal auf das Ausmaß hin, in dem viele Frauen ihre Entbindungen verfälscht darstellen. Eine Frau in ihrem Krankenhaus erzählte von ihren vorangegangenen angsterfüllten Geburten und ließ sich in allen Einzelheiten über die komplizierten Manöver aus, zu denen der Geburtshelfer gezwungen war, „um es raus zu kriegen“. Aus Interesse nahm sie sich die Geburtsberichte vor und stellte fest, daß sie , wie sie sagte, zwei spontane Geburten gehabt habe. Sie war der Meinung, dies zeige, wie die Frauen zur Unaufrichtigkeit neigten. Mich interessierte mehr der innere Zustand der Frau, die glauben wollte, daß sie schwierige Entbindungen gehabt habe. Ist es nicht glaubhaft, daß diese Geburten, wie leicht sie vom Standpunkt des Arztes oder der Hebamme aus auch gewesen sein mögen, für sie schwer waren? Wenn ihre seelische Erschütterung ohne den Hinweis auf körperliche Schwierigkeiten keine Rechtfertigung finden konnte, war sie vielleicht gezwungen, die körperlichen Komplikationen zu erfinden. Nur dann war ihre seelische Not zu rechtfertigen. Andererseits kann eine Frau, die ganz offensichtlich eine schlimme Entbindung hat und körperlich am Ende ihrer Kräfte zu sein scheint, mitten in dieser Entbindung sagen: „Es ist wunderbar“. Das ist etwas, was wir noch nicht völlig verstehen können.


 


Wovon man die Zufriedenheit und den echten inneren Frieden einer Frau bei der Entbindung auch abhängig machen mag – und wie man das auch bezeichnen will, ignorieren kann man es jedenfalls nicht. Es wäre ein absurder Materialismus, die Geburt nach rein physikalischen Normen bewerten zu wollen, ohne den inneren Zustand der Frau, die das Kind bekommt, zu berücksichtigen. Eine Frau ist nicht einfach eine Maschine, die vom Arzt und der Hebamme bedient wird und so das Baby zur Welt bringt, ein praktischer Behälter, in dem sich der Fötus in der Schwangerschaft entwickeln kann und der zum Zeitpunkt der Geburt dem Eintritt des Kindes in die Welt mehr oder weniger Widerstand entgegensetzt – und der folgerichtig je nach dem leistungsfähigen Funktionieren seiner Teile als zufriedenstellend oder mangelhaft beurteilt wird. Die Leistungsfähigkeit ist natürlich wichtig, aber der Körper ist Teil einer Person, und für sie ist die Geburt von größter seelischer Bedeutung.

Es ist mein Ziel in der Geburtsvorbereitung, werdenden Eltern zu helfen, daß die Geburt zu einer Erfahrung für sie wird, der sie mit Gelassenheit und Freude entgegensehen und die ihnen ein Gefühl der Erfüllung und ein tiefes gemeinsames Glück geben kann.


Quelle: Dagmar Lützenkirchen

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  Dagmar Lützenkirchen

Naturheilpraxis Naturheilpraxis Dagmar Lützenkirchen
Dagmar Lützenkirchen

Montanusstraße 25A
41515 Grevenbroich

1972
Anerkennung als staatlich geprüfte Hebamme
10jährige Tätigkeit in grossen renommierten Krankenhäusern –
bis zur leitenden Hebamme

1982
Geburt unseres Sohnes

1985
Aufnahme meiner freiberuflichen
Tätigkeit als Hebamme

1991
Anerkennung als staatlich geprüfte Heilpraktikerin

1992
Eröffnung meiner eigenen Praxis
in Grevenbroich

Seitdem spezialisiere ich mich ständig weiter durch Fortbildungen in klassischer Homöopathie, Farbpunktur und medizinischer Heilhypnose.

E-Mail: Naturheilpraxis.Luetzenkirchen@t-online.de

Internet: http://www.naturheilpraxis-grevenbroich.de

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