Aggression in der Schule – Kinder als Außenseiter
Kinder mit aggressivem Verhalten stehen in der Schule als Außenseiter da. Sie erzeugen Angst und Furcht. Doch warum verhält sich ein Kind aggressiv? Wie befreie ich mein Kind aus diesem Teufelskreis? Wie hilft mir die Schule? Lesen Sie dazu unsere Hinweise.
Außenseiter durch Aggression
Die Kölner Grundschullehrerin Beate Kunz (alle Namen geändert), 36 Jahre, berichtet: „Als ich nach der Ausbildung ganz neu an die Schule gekommen war und mitten im Schuljahr eine 1. Klasse als Klassenlehrerin übernahm, fiel mir sofort ein Mädchen auf, das ganz allein an seinem Tisch saß. Ich erfuhr von den Kollegen, dass sie Marie extra an einen Katzentisch gesetzt hatten.
Der Grund war das aggressive Verhalten des Kindes, das mitten im Unterricht die Sitznachbarn boxte, sie in den Bauch schlug oder sonst wie auffällig geworden war. Niemand mehr wollte neben ihr sitzen und auch meine Kollegen hielten es für das Beste, sie zu isolieren“. Sie erfuhr, dass Marie einen behinderten Bruder hatte. Er nahm die Aufmerksamkeit der Eltern in Anspruch. So verstand sie, wie das Kind zur Außenseiterin wurde.
„Sie hatte zu Hause nicht gelernt, angemessen zu kommunizieren und wollte mit den Übergriffen auf ihre Klassenkameraden vermutlich deren Beachtung finden. Dieses Bedürfnis griff ich auf und kümmerte mich in den nächsten Wochen ganz besonders um das Kind.
Konfliktsituationen sprach ich mit ihr durch und führte ein Belohnungssystem mit positiven und negativen Stempeln zum sozialen Verhalten ein, die ich täglich in ein Berichtsheft setzte. Die Eltern, die ich informiert hatte, machten zum Glück gut mit, ließen sich das Heft regelmäßig zeigen und sprachen mit ihrer Tochter über Erlebtes.“
Kinder als Außenseiter: Verhalten trainieren
Die Mitschüler bezog Beate Kunz mit ein. In einer Unterrichtsreihe zeigte sie allen Kindern, wie Kinder sich ohne Ausraster zur Wehr setzen. In Rollenspielen durch Bildkärtchen übten sie angemessenes Verhalten. So nahmen die Kinder die eigenen Gefühle und die anderer besser wahr. Dementsprechend reagieren sie nun angemessener.
Entwicklungspsychologen halten mangelnde Konfliktfähigkeit für einen der Hauptgründe für aggressives Verhalten von Kindern. Das macht diese in der Klassengemeinschaft unbeliebt oder gefürchtet. Kinder, die Gefühle und Perspektiven anderer nur eingeschränkt deuten können, ecken leichter an. So werden die Kinder zu Außenseitern. Und wenn ihre Umgebung ablehnend reagiert, werden sie noch unleidlicher.
Sogenanntes sozialkognitives Training, wie die Kölner Grundschullehrerin Beate Kunz es durchführte, will diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Es setzt nicht nur am Verhalten, sondern ebenso an dessen zugrunde liegenden Wahrnehmungsprozessen an.
Hinweise der Lehrer annehmen
Eltern müssen lernen, ihrem Kind Fehler zu verzeihen. Dabei gilt es, nichts zu beschönigen. Grundschulkinder besitzen ein intaktes „Reuegefühl“. Es tut ihnen leid, wenn sie Unrechtes begangen haben. Konsequent müssen Eltern, Lehrer und das Kind selbst auf Etappenziele hinarbeiten. In diesem Sinne hilfreich: Ein kleines Tagebuch, das die Grundschullehrerin Beate Kunz für Marie führte. Es setzte unmittelbar an Erlebtem an und ließ Handlungsfolgen sofort spüren.
Marie fühlte sich darin bestärkt, den neuen Weg weiter zu verfolgen. Nach einer Weile hatte sie wieder Banknachbarn und fand Freunde in der Klasse. Die Eltern stellten ihre Sorge für den behinderten Bruder hinten an und ermunterten ihre Tochter, Kinder zu sich nach Hause einzuladen.
geschrieben von: Ja zum Kind
Foto oben von: © Christian Schwier – Fotolia.com