Von rosa Schlössern und blauen Modellautos
Die Tochter will eine Babypuppe und rosa Anziehsachen. Der Sohn findet Mädchen total doof und die Farbe rosa sowieso. Sein neues Lieblingsspielzeug: Eine große, schwarze Pistole aus Plastik. Damit „schießt“ er dann auf seine Freunde. Die Eltern sind entsetzt: So haben sie ihr Kind doch nicht erzogen! Drängen sie ihre Tochter in die Rolle einer unselbstständigen Hausfrau? Wird ihr Sohn aggressiv und gewalttätig? Experten raten den Eltern, zu entspannen.
Kinder spielen gerne und viel, das ist jedem Menschen klar. Sie verarbeiten durch Spielen Situationen aus ihrem Alltag und üben soziale Fähigkeiten ein. Darüber hinaus hat Spielen für Kinder die Funktion, sich in der Welt zu verorten und ihre Persönlichkeit zu entwickeln. Dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit der geschlechtlichen Identität.
Kinder suchen Ihre Persönlichkeit
Schon ab einem Jahr entwickeln Kinder ein Verständnis für geschlechtstypische Zusammenhänge und Unterscheidungen. Beispielsweise spielten sie in einer Studie intensiver mit dem jeweils geschlechtstypischen Spielzeug – also die Jungen mit einem Fahrzeug, die Mädchen mit einer Puppe. Ab zweieinhalb Jahren zeigen Kinder ein Gespür für das eigene Geschlecht und den damit verbunden (kulturellen) Zuschreibungen: Also verbinden sie Mädchen mit rosa Puppe und Jungen mit blauem Auto.
Allerdings sind Kinder bis ins Grundschulalter nicht in der Lage, diese Zuschreibungen auszudifferenzieren. Also ist das in der Einleitung beschriebene „übertriebene“ Verhalten in diesem Alter bis zu einem gewissen Grad ein normaler Entwicklungsschritt der eigenen Persönlichkeit. Sobald sie älter werden, relativieren viele Kinder diese für Erwachsene oft extremen Geschlechterbilder wieder.
Bleiben Sie gelassen!
Eltern sollten bei diesen Auswüchsen gelassen reagieren und es eingrenzen, wenn es zu große Ausmaße annimmt. Sie müssen Ihrem Kind nicht jedes rosa Plüschtier oder jeden Actionroboter kaufen. Aber wenn die Tochter unbedingt Puppenmama werden will, spricht nach Ansicht vieler Experten nichts dagegen.
So kann sie soziale Interaktionen imitieren und viel lernen. Gleiches gilt für die Jungen. Bieten Sie Ihrem Kind darüber hinaus Alternativen an: Viele Mädchen spielen gerne Fußball – wenn man es ihnen denn zeigt.
Rosa Glitzerwelt für Mädchen
Vergessen Sie nicht: Eltern üben ebenso Einfluss auf das Kind aus wie das Umfeld bestehend aus Erziehern, Spielkameraden und Verwandten. Also wundern Sie sich nicht, wenn ihre Tochter plötzlich eine rosa Phase durchläuft: Ein Mädchen bekommt nun eher eine Barbie geschenkt als ein Modellauto. Und in diesem Kontext übernimmt das Kind die Erwartungshaltung seines Umfelds.
Die Spielzeugindustrie befeuert das: Mit rosafarbenen Kleidchen und Spielsachen, die extra für Mädchen gedacht sind. Das sind dann glitzernde Bastelsachen, Hello-Kitty-Utensilien und Puppen. In den Bücherläden finden die Eltern Geschichten – natürlich nur für Mädchen: Da geht es um Popstars und Prinzessinnen mit Einhörnern in Schlössern.
Das Gleiche gibt es für die Jungs: Batman-Figuren, eine kleine Werkzeugbank und Dinosaurier. Und in den „Jungs-Geschichten“ dreht sich natürlich alles um Superhelden, Piraten und Monster. Geschlechtsneutrale Spielsachen treten immer mehr in den Hintergrund.
Grund zur Sorge?
Manche Experten sehen diese Entwicklung mit Besorgnis. Sie meinen, dass diese auferlegten Rollen Kinder bei der Entwicklung ihrer eigenen Persönlichkeit im Weg stehen. Am besten sollten die Eltern Ihrem Kind ein gutes Vorbild sein und Alternativen aufzeigen, sich aber auch nicht den Wünschen der Kleinen verschließen.
Auch Jungs mögen manchmal Puppen: Auch hier reagieren manche Eltern unwirsch. Ist das gut für meinen Sohn wenn er mit Puppen spielt? Experten meinen: Das ist kein Problem. Hindern Sie Ihr Kind nicht am Ausprobieren, auch wenn Sie Angst vor Spott haben.
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